Laut AV-Führer Kaisergebirge (1990) bietet der Östliche Törlturm - seit Aufstellung eines Kreuzes im Jahr 1927 auch Kreuztörlturm - dank seines festen Gesteins zwar kurze, aber ausgesprochen schöne Klettereien. Die Südostkante, auch Akademikerkante, erstbegangen von E. Egger, G. von Kraus und H. Mollier am 27. Oktober 1928, wird gar als schönste Kletterei rund ums Kleine Törl angepriesen. Da es sich allerdings um eine äußerst kurze Route von nur 3 Seillängen handelt, lohnt es sich nach über 1.000 Hm Zustieg, eine weitere Tour wie die Alte Südwand der Törlwand, die laut Führer ebenso mit schöner, sehr luftiger Kletterei an festem Fels aufwartet, anzuhängen. Aufgrund der Lobpreisung des alten Führers, aus dem die Schwierigkeitsgrade beider Routen übernommen wurden, sind die Erwartungen hoch und die Vorfreude groß.
Bei wolkenlosen Himmel starten Sebastian und ich um halb Acht an der Wochenbrunner Alm. Der stabile Tag mit frühsommerlichen Verhältnisssen bietet eine optimale Gelegenheit für den Saisonauftakt zu längeren Klettereien in größerer Höhe und lockt eine entsprechende Zahl Kletterer an. Am Parkplatz herrscht freudige Aufbruchstimmung und so säumt Seilschaft um Seilschaft den Weg zur noch geschlossenen Gaudeamushütt. Sobald wir kurz nach der Hütte Richtung Baumgartenköpfl und Wildererkanzel abzweigen, sind wir allein unterwegs.
Vorbei an einem äußerst dekadenten Chalet mit Whirlpool und zugegebenermaßen grandiosem Ausblick ...
... zweigen wir beim Baumgartenköpfl auf den Gildensteig Richtung Kleines Törl ab.
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Der Wilder-Kaiser-Steig quert in den östlichen Kaiser, für uns geht es auf dem Rücken links nach oben. |
Mit der gewonnenen Höhe öffnet sich das Panorama zum Hauptkamm im Rücken.
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Blick nach Westen zur Gruttenhütte und dem Treffauer |
Weiter oben quert der Steig unter der Regalmwand Altschneefelder, die bereits am Morgen eine angenehme Stapfkonsistenz aufweisen und somit problemlos zu begehen sind.
Auf dem Rücken nach den Schneefeldern öffnet sich der Blick zum Kleinen Törl und den heutigen Zielen. Wir machen hier eine Frühstückspause und kommen mit einem Solowanderer, der wir zuvor überholt hatten, ins Gespräch. Der Kamerad aus Frankfurt gönnt sich einige Tage Urlaub und hat das Kleine Törl zum Ziel. Während der Unterhaltung wird mir bewusst, welch Privileg wir geniessen, unsere Bergleidenschaft in Tagesausflügen ausüben zu können.
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Kreuztörlturm mit sonniger SO-Kante links, Kleines Törl, Daumen und Törlwand |
Im Kleinen Törl verabschieden wir uns vom Wanderkameraden und steigen über steile Schrofen (II) auf ein grasiges Platzerl am Fuß des Turms auf. Hier legen wir die Kletterausrüstung an und sind über ein rumliegendes, sauber aufgeschossenes, brandneues Einfachseil verwundert. Kurze Zeit später löst sich das Rätsel, als ein junger Bergführer mit weiblicher Begeleitung eintrifft. Die Beiden gehen den 1892 erstbegangenen Normalweg (III).
Vom Grasplatz klettert man zunächst linkerhand 10 m eine Rinne zu einem Köpferl (Stand, keine Haken) aufwärts. Vom Köpferl geht es links am aufsteilenden Sockel (II) zur Kante und ausgesetzt über diese eine anfangs steile Rampe (IV) zu einem Schlaghakenstandplatz, den ich mit einem Cam nachbessere. Vom Stand geht es kurz höher rechts zurück über die Kante in die schönste Kletterstelle (IV+, Schlüsselstelle) der Tour: einen ausgesetzten Hangelquergang (einige Schlaghaken). Am Ende der Querung offensichtlich auf eine breite, steile Rampe, die sich bald zu einer Rinne verengt (IV). In dieser aufwärts zu einem Bergrettungsstand mit vier Bohrhaken
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Ende der Rinne vom Bergrettungsstand |
Vom Stand eine Verschneidung hinauf (III) ...
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Blick hinüber zum nächsten Ziel: Törlwand Alte Südwand |
... und an deren Ende linkerhand auf den Grat, über den es einfach, aber ausgesetzt zum Gipfel geht (I).
Vom Gipfel auf gleichem Weg am Grat Retour zu einem soliden, zementierten Bügel, von dem mit 60 m Halbseilen ...
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Blick hinauf zum Abseilstand |
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Blick nach Westen zu Treffauer und Ellmauer Halt |
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Kreuztörlturm mit Akademikerkante |
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Auf diesem Bild wird die Steilheit der Schrofen unter dem Grasplateau (mit kleinem Schneefeld) unterhalb des Kreuztörlturms deutlich. |
Wir nehmen das Seil auf und steigen zur Terasse auf. Nach kurzer Inspektion entscheiden wir uns in relativ direkter Linie zum Punkt, an dem wir auf die Terasse ausstiegen, weiterzuklettern. Laut Topo geht es weiter rechts weiter, aber das Gelände lässt eine Vielzahl an Möglichkeiten zu. Sebastian klettert in einem leichten Linksbogen mit einer Ausstiegverschneidung im V.ten Grad in einer Seillänge direkt hoch zum Gipfel.
Am Gipfel machen wir eine Vesperpause bevor es am ausgesetzten Gipfelgrat nach Osten und zuletzt über steile Schrofen (I) hinunter in die erste Scharte östlich der Törlwand geht.
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Es gilt, das schuttige Band links der Bildmitte zu erreichen. |
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Es gilt, die Rampe auf das Wiesenplateau in Bildmitte anzusteuern. |
Mit einmal 40 m Abseilen erreichen wir die Rampe, die auf ein Wiesenplateau führt, ...
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Wenn man vom Band abklettert, kommt man rechts in der tief eingeschnittenen Scharte in die noch mit Schnee gefüllte Rinne. |
... auf welchem der Steig zur Regalmwand verläuft.
Auf diesem ohne Probleme ...
... zurück unter die Südwand der Törlwand und ...
... mit Rückblick zu den heutigen Klettereien ...
... auf dem morgendlichen Anstiegsweg ...
... retour zum Ausgangspunkt.
Strecke: 12 km mit 1.200 hm
Dauer (mit Pausen): 10 h
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