Nach dreiwöchiger Bergpause aufgrund von diversen Verpflichtungen ging es heute voller Vorfreude mit Andrea in den Kaiser, um im mir bis dato unbekannten östlichen Teil die Route "Wie a Klassiker" zu klettern. Nach der achten Seillänge gibt es dann die Wahlmöglichkeit zwischen weiteren acht Seillängen in der "Wie a Klassiker" oder der Rigelekante auf die östliche Hochgrubachspitze. Leider war heute allerdings von Anfang an der Wurm drin und es lief nicht wie geplant ...
... über die Regalm ...
... die Wolken im Tal im Rücken lassend ...
... mit einem ersten Blick auf unsere Route ...
... in knapp einer Stunde zur Ackerlhütte und weiter hoch zum Einstieg, der hinter einem noch recht mächtigen Schneefeld liegt.
Obwohl die ersten Seillängen der "Wie a Klassiker" in der Rinne recht feucht aussehen, wollen wir uns dies mal aus der Nähe anschauen. Also schleichen wir in unseren Turnschuhen mit Steinen als Pickelersatz das brettharte, doch recht steile Schneefeld ca. 50 m hoch. Oben angekommen müssen wir feststellen, dass die Rinne sogar noch feuchter ist, als es von unten den Anschein hatte und dass - oh Wunder ;-) - der Übergang über die ca. 10 m tiefe Randkluft absolut heikel wäre. Nach einigem Hin und Her beschliessen wir lieber die Rigelekante zu machen und wieder über das Schneefeld runterzusteigen. Leider verliert Andrea auf der Hälfte der Strecke den Halt und rutscht ziemlich schnell Tempo aufnehmend unsanft in das Geröllfeld. Zum Glück ist außer eine paar Kratzern nichts weiter passiert und Andrea kann und möchte die Tour fortsetzen.
Hinter dem höchsten Punkt des Schneefelds zieht die "Wie a Klassiker" in der Rinne hoch. |
Beachtliche Randkluft |
Hier wird die Steilheit des Schneefelds etwas deutlicher |
Also geht es nach guten 1 1/4 h Zeitverlust durch unsere bescheuerte Schneefeldaktion dem markierten Weg zur Westlichen Hochgrubachspitze folgend weiter hoch bis zum Abzweig des Zustiegs zur Südostkante der Westlichen Hochgrubachspitze und der Rigelekante auf der ersten Grasterasse.
Die Südostkante der Westlichen Hochgrubachspitze verschwindet in den Wolken |
Leider zieht es ab hier schnell ziemlich zu ...
... so dass die Orientierung im steilen Grasgelände nochmal etwas anspruchsvoller wird. Nach einer unkomplizierten Querung nach Osten erreichen wir über eine Rinne (2, schön zu krxln) problemlos die zweite Grasterasse.
Die Sicht wird immer geringer und die Orientierung schwieriger |
Von der zweiten Terasse krxln wir in recht brüchigen Schrofen hoch auf die dritte Terasse (was auch richtig ist, wie sich später herausstellt), ...
... lassen uns jedoch von anderen Aspiranten dazu verleiten wieder auf die
zweite herunterzusteigen und auf dieser weiter nach Osten zu queren ...
Ein Lichtblick zwischendurch |
... bis wir uns bei einer Tafel und gebohrten Haken am Einstieg wähnen, wo auch bereits eine Seilschaft am werkeln ist, die auch die Rigelekante machen möchte. Da es bei den Kameraden nicht so recht vorwärts geht, machen wir erstmal Frühstückspause. Während dieser wird uns klar, dass es sich bei unserem Standpunkt nicht um den Einstieg laut Topo handeln kann. Im Nebel ist weiter östlich eine weitere Seilschaft auf der Suche nach dem Einstieg zu erkennen.
Nachdem der Vorsteiger der Seilschaft vor uns aus Ermangelung eines Standplatzes den Nachsteiger mit um die Schulter gewickeltem Seil körper-"sichert", entscheiden wir uns ebenfalls weiter östlich nach dem korrekten Einstieg zu schauen. Nach einiger Sucherei werden wir bei einer kleinen Scharte fündig: zwei mit Bandschlinge verbundene Bohrhaken.
Beim kleinen Köpfl rechts unten finden wir "unseren" Einstieg |
In leichtem Gelände geht es eine Seillänge an einer Gratrippe ca. 50 m ohne Zwischensicherung zum nächsten Stand hoch (im Nachhinein gesehen muss es sich um die achte Seillänge der "Wie a Klassiker" gehandelt haben).
Von diesem Stand quere ich seilfrei rüber zur kurz im Nebel erkennbaren Südostkante der Westlichen Hochgrubachspitze und dem eigentlichen Einstieg zur Rigelekante bei einem geklebten Haken direkt daneben.
Links die SO-Kante der Westl. Hochgrubachspitze, rechts der Schlucht die Rigelekante |
Somit hatten wir schlußendlich den Einstieg gefunden und es ging nun mehr oder weniger direkt an der Kante die Route hoch.
In der zweiten Seillänge haben wir noch Rufkontakt zu einer nachfolgenden Seilschaft, die über den gleichen Umweg wie wir zur Rigelekante gelangt und sich aufgrund des Wetters und der fortgeschrittenen Stunde gegen einen Einstieg entscheidet.
Leider verhängt sich in dieser Länge das Seil auf eine Art und Weise,
dass ich kurz vor dem Stand keinen Meter mehr weiter komme und Andrea
äußerst kraft- und zeitraubend von einem selbstgebauten Stand nachholen muß. Das Einholen des Seils erfordert meine gesamte Kraft und trotzdem bewegt es sich immer nur um ein paar Zentimeter.
Es wären nur noch wenige Meter zum Stand nach der zweiten Länge gewesen ... |
... zum Stand hinter einem Türmchen.
Ähnlich geht es in der vierten Länge weiter, ...
... nach der man unter dieser Wand steht (Beginn der fünften Seillänge).
"Hmm, sieht sehr schwierig aus für einen Dreier" sind meine ersten Gedanken. Laut Topo soll aber gleich ein Schlaghaken kommen, also probiere ich es rechtshaltend - wie im Topo vorgegeben - aus. Nach einigen Metern hält mich Andrea an, da das Seil falsch im Tube eingelegt ist. Nochmal warten, dann weiter. Leider ist die Wand insbesondere rechts feucht und bricht ausgesetzt steil in die Schlucht rechterhand ab. Es ist nirgends ein Haken zu sehen. Hier gibt es für mich keine Chance!
Links über dem Stand findet sich in ca. 5 m Höhe ein Riß, der machbar wäre, aber deutlich über die Schwierigkeitsangabe im Topo ginge. Ich steige zum Riß hoch, schaue ihn mir an und erkenne, dass es noch weiter links neben dem Riß wohl nach einer kurzen, ausgesetzten Querung deutlich einfacher aussehen würde. Einen Haken sehe ich von meinem Standpunkt auch dort nicht. Da ich aufgrund unserer Wegfindungsprobleme weiter unten nun in der Route bleiben möchte, klettere ich wieder runter zum Stand. Ich denke, dass es rechts eine Möglichkeit geben muss! So falsch kann das Topo nicht gezeichnet sein?!
Andrea hat keine Nerven für den Vorstieg, so dass ich es erneut versuche. Ich steige vom Stand gerade hoch bis die Wand deutlich aufsteilt und lege hier als erste Zwischensicherung eine Köpferlschlinge ca. 5 m über dem Stand. Dann quere ich nach rechts in die Wand rein. Die Schwierigkeit liegt deutlich über den Angaben im Topo und den der Route allgemein. Ich sehe weiterhin keinen Haken, der ja kommen sollte, und erkenne, dass die Wand nach oben nicht leichter, sondern eher schwieriger wird. Im kompakten, plattigen Fels sehe ich keine Möglichkeit für eine weitere Zwischensicherung. Also wieder zurück. Leider werden die Arme durch das lange Schauen und Probieren jetzt schnell sehr schwer und die Züge nochmal schwieriger. Bei einem weiten Spreizschritt auf einen Block, wo ich die Querung in die Wand begonnen hatte, verliere ich das Gleichgewicht und finde mich im nächsten Augenblick neben Andrea am Stand im Seil hängend! Die Zwischensicherung hat gehalten und Andrea den Sturz perfekt gefangen, so dass ich mit dem Schreck, ein paar Kratzern und einer Prellung am Knöchel davongekommen bin.
Nachdem wir den Schreck verdaut haben, beschließen wir den Rückzug anzutreten. Dummerweise haben wir heute nur ein 60 m Einfachseil dabei, so dass wir nicht ohne Opfermaterial über die Route abseilen könnten. Nach einmal Abseilen über einen Teil der vierten Seillänge, seilen wir stattdessen in die Schlucht rechterhand (Aufstiegssinn) der Kante ab. An einer Steilstufe in der Schlucht finden wir eine zurückgelassene Seilschlinge, an der wir gut über die Stufe abseilen können.
Vorsichtig klettern wir über steiles Schrofengelände zum Zustiegsweg ab ...
... und über die Grasterassen zum Normalweg der Westlichen Hochgrubachspitze runter. Ab hier geht es unkompliziert auf dem Aufstiegsweg an Ackerlhütte und Regalm vorbei zum Parkplatz.
Heute hat leider nichts geklappt, wie es sollte und wir durften einiges an Erfahrung gewinnen! Im Endeffekt hatte ich Glück, dass alles so glimpflich ausging. Verantwortlich für die schlechte Situation, in die ich mich brachte, bin ich natürlich nur selbst. Dies ärgert mich im Nachhinein auch am meisten: dass ich meinem Gespür nicht mehr vertraute und mich dadurch in eine gefährliche Situation brachte.
Da die Rigelekante nur eine Option zur eigentlich angedachten Unternehmung des Tages war, hatte ich mir den Routenverlauf und weitere Details nicht ausreichend angeschaut. So fand ich erst im Nachhinein zwei weitere Berichte (hier und hier), die an der exakt gleichen Stelle vor dem gleichen Problem standen. Es bleibt somit festzuhalten, dass das Topo auf bergsteigen.com die fünfte Seillänge falsch darstellt! Vielleicht befand sich der Standplatz vor der fünften Länge ehemals weiter links und man kletterte von dort dann leicht rechtshaltend weiter? Stand Juni 2018 klettert man vom Stand vor der fünften Seillänge zunächst gerade aufwärts auf einen Block und quert dort an einem markanten Riß vorbei am Ende leicht absteigend nach links. Potentielle Aspiranten seien in aller Deutlichkeit auf diese Inkonsistenz hingewiesen.
Wir waren auf jeden Fall froh als wir nach einem langen, erfolglosen Tag wohbehalten am Auto ankamen und unversehrt nach Hause zurückkehren durften.
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