31.08.17

Hochgall NW-Grat


Der Hochgall ist "höchster Gipfel der Rieserfernergruppe. Mächtiger, trapezförmiger Granitdom, in dem fünf scharfe Grate zusammenlaufen. In seiner Erscheinung von Westen (nicht von Osten!) gehört er zur Handvoll der schönsten Berge in den Ostalpen und ist das Prunkstück der Gruppe. [...]. Wegen seiner vom Alpenhauptkamm nach Süden vorgeschobenen Lage hat der Gipfel, wie alle Rieserfernerspitzen, eine einmalige Aussichtsposition zwischen der bronzenen Schwere der Zentralalpen und dem lichten Filigran der südlichen Kalkgebirge. Das Panorama umfaßt Adamello-, Presanella-, Bernina-, Ortler-, Ötztaler, Stubaier, Zillertaler, Venediger-, Glocknergruppe, die nödlichen Kalkalpen und die Südlichen Kalkalpen bis zum Triglav. 
Der Name Hochgall leitet sich vom altgermanischen "galla" ab, das aus der indogermanischen Wurzel "ghel(e)" entspringt, d.h. "glänzend (gelblich, grünlich, bläulich), schimmernd, blank". [...]. Der Hochgall ist der "hohe glänzende Berg", [...]. [...].
Der höchste Punkt der Rieserfernergruppe am Hochgall fällt mit dem Gipfelpunkt der Rieserferner-Tonalitmasse zusammen. Der helle Granit bildet am Hochgall plattige Wandfluchten aus, die durch markante Strebepfeiler und Grate gegliedert sind. Interessant ist, daß der optisch gleich scheinende Aufbau des Grauen Nöckls nicht aus diesem Granit, sondern aus Gneis aufgebaut ist, [...].

-Werner Beikircher "Alpenvereinsführer Rieserfernergruppe" (1983), Bergverlag Rudolf Rother, München


Da wir zur Zeit für eine Woche im wunderschönen Rein in Taufers Urlaub machen, wollte ich die Gelegenheit, einen so interessanten Berg wie den Hochgall von der Haustür aus erwandern zu können, gerne nutzen. Für heute war dann bestes Wetter vorhergesagt, so dass sich der Plan direkt in die Tat umsetzen ließ. 

Los gehts einigermaßen früh im Schein der Stirnlampe von unserem Hof mit anfänglicher Gegensteigung runter zur Straße an der Säge und den Weg Nummer 8 hoch zur Kasseler Hütte (1,5 h, bzw. 1 h ab Beginn des Steigs 8, wo man normalerweise startet). An der Hütte angekommen, begann es zu dämmern und die Lampe wurde weggepackt. 

Mit ersten Blicken zum heutigen Ziel ... 


... geht es auf dem A. Hardegen-Weg ca. 15 Minuten bis zu einem Bach weiter. Jenseits ist unfehlbar in großer roter Schrift "Hochgall / Collalto" auf einen Felsen gepinselt.

Hier zweigt man auf einen deutlichen Pfad ab, der zudem mit vielen Steinmännern markiert ist.



In toller Landschaft geht es an einigen kümmerlichen Schmelzwasserlachen ...

Schneebiger Nock

Die Gipfel der Durreckgruppe liegen auch schon in der Sonne.
... in mäßiger Steigung weiter hoch Richtung Westrücken des Grauen Nöckls.



Der Weg bleibt durch die vielen (!) Steinmänner auch im Schutt am Fuß des Rückens einfachst zu finden.


Wildgall
Der Schutt ist von Beginn recht großblockig, so daß man gut vorwärts kommt. Man steuert in einem weitem Linksbogen den Beginn des Grauen Nöckl Westgrats an, ...


... der auf ca. 2.880 m erreicht wird.


Über den Grat wird in einfacher Kraxelei (max. II) - zum Gipfel hin etwas ausgesetzt - bald das Graue Nöckl (3.084 m) erreicht (knapp 2 h ab Kasseler Hütte).



Nach dem Gipfel und einer kurzen Pause geht es wenige Meter ausgesetzt weiter am Grat (Steinmänner) zum Abstieg in die Scharte zwischen Grauen Nöckl und Hochgall. Hier hängt ein Stahlseil, jedoch ist die Kraxelei auch ohne gut zu schaffen (II).

Abkletterstelle vom Grauen Nöckl, es hängt ein Stahlseil.
Jenseits steigt man über einen kurzen Aufschwung in den NW-Grat des Hochgall ein ...


Blick rüber zum Schneebigen Nock
... und kraxelt an diesem unschwierig und weniger ausgesetzt als zuvor nach oben ...


... geleitet von weiterhin zahlreichen Steinmännern ...




... zuletzt über zwei mit Drahtseil versicherte Plattenpassagen hoch zum Vorgipfel ...


... und über eine letzte kurze Plattenstelle (I+) rüber zum Hauptgipfel (1,25 h ab Graues Nöckl).

Aufnahme vom Hauptgipfel zum Vorgipfel
Venediger und Glockner
Blick runter nach Rein
Blick zum Wildgall und nach Südwesten
Wildgall
Sextener Dolomiten
Blick nach Südost

Blick nach Nordosten
Waren wir bei meiner Ankunft zu Dritt am Gipfel, so füllt es sich jetzt schnell - genauso schnell breche ich als Erster wieder auf. Im Abstieg am Grat kommen mir weitere ca. 15 Kameraden entgegen. 

Es wird voll am Gipfel!
Auftstieg = Abstieg, ... 


... allerdings diesmal in der gleißenden Sonne.




Rest des Hochgallferners
Übers Graue Nöckl ...


Rückblick Hochgall NW-Grat 
... geht es durch die Geröllwüste runter ...


Wildgall und Hochflachkofel
... an den Schmelzwasserlachen vorbei ...


... und auf dem Anstiegsweg ereignislos runter bis nach Hause (3,5 h vom Gipfel nach Hause oder 3 h bis Parkplatz am Steig 8).

Zentral der Hochgall

Da ich die Möglichkeit einer Begehung von Haustür zu Haustür nutzen wollte, habe ich mir hochinteressiert und sehr gerne die geänderten Verhältnisse am Hochgall im Vergleich zur Beschreibung aus der letzten Auflage des AV-Führers von 1983 angeschaut - der Rückgang der Ferner in der Gruppe und die sehr warmen Temperaturen auf knapp 3.500 Meter haben hier in kurzer Zeit zu gravierenden Änderungen geführt. Die Tour auf den Hochgall ist mittlerweile eine Wanderung mit langen, aber wenig schwierigen (bis UIAA II) Kraxlstrecken ab dem Grauen Nöckl, die teils sogar mit Drahtseilen versichert sind. Das Gelände und die Landschaft zur und ab der Kasseler Hütte bis zum Übergang in den Schutt am Grauen Nöckl ist wunderschön. Der Aufstieg zum Grauen Nöckl dann eher Fleißaufgabe. Rund um das Graue Nöckl ist es teils ausgesetzt mit schönen Tiefblicken auf den schwindenden Hochgallferner. Das blockige Geläuf ist auf jeden Fall immer auf Stabilität zu prüfen. Der Ausblick vom Gipfel ist, wie oben beschrieben, überragend. Alles in allem eine schöne Tour, bei der vom Tal aus einiges an Strecke und Höhenmetern zusammenkommt.

Strecke: 20,5 km mit 2.100 hm
Gehzeit (ohne Gipfelpause): 8,25 h

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