
Der verregnete, kühle Sommer macht die Tourenwahl nicht einfach. Trotz Schneefall am Vortag bis herab auf 2.000 m möchten wir uns heute in einer Dreierseilschaft an die klassische Nordostkante der Lamsenspitze, erstbestiegen 1912 von A. Deye und K. Friedl, wagen. Die Route führt nach einer schwierigeren Einstiegsstelle (2 m IV+) in gemäßigter Schwierigkeit zunächst links der Kante, später auch direkt an dieser über einen Vorgipfel zu einem aussichtsreichen Gipfel, den wir heute ganz für uns alleine haben. Die Aus- und Tiefblicke während der Krxlei an der Kante sind dabei überragend, während die Felsbeschaffenheit für Karwendelverhältnisse überraschend gut bis sehr gut ist, was uns in Kombination heute einen wunderbar entspannten Tag in einer tollen Unternehmung erleben lässt.
Los geht es um 8:30 Uhr in der Eng bei frösteligen 6°. Allerdings ist Sebastian nach langer Bergabstinenz vor Elan kaum zu bremsen und legt ein Tempo vor, dass uns schnell warm ist.
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Blick zum Gamsjoch vom Westl. Lamsenjoch
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Lamsen- (l.), Mitter- und Schafkarspitzen
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Über das Westl. Lamsenjoch ...
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Lamsenspitze Nordostgrat im Profil vom Westl. Lamsenjoch
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... wandern wir ...
... zur Lamsenjochhütte, von der wir die beeindruckende Kante bei Getränken ausgiebig begutachten können.
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Lamsenspitze von der Hütte im Zoom
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Nach der Pause setzen wir den Zustieg über den Normalweg der Lamsenspitze fort. Je näher wir der Kante kommen, desto mehr legt sich diese zurück, so dass der visuelle Eindruck sich immer mehr mit dem Schwierigkeitsgrad in Einklang bringen lässt.
Der Normalweg führt beinahe direkt bis zum Einstieg, lediglich für die letzten Meter verlässt man diesen und steigt über Grasgelände ...
... bis an die Felsen hoch. Nach Norden bricht es hier bereits gach ab.

Obwohl nach der kurzen IV+ Einstiegsstelle für zwei Seillängen IIer Gelände folgt, binden wir uns in unsere Halbseile ein, da seilfrei nicht allen wohl ist.
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Am zweiten Stand
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Es geht zunächst links der Kante in festem Fels aufwärts ...
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SL 2
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Bis das Gelände in SL 3 etwas aufsteilt.
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In der oberen Bildhälfte beginnt die dritte Seillänge, die etwas steileres Gelände mit sich bringt.
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Ich sichere die beiden Nachsteiger vom dritten Stand nach.
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Die dritte Seillänge
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Sebastian und Josseph am dritten Stand
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In der dritten Seillänge interpretiere ich das Topo von bergsteigen.com so, dass der Quergang nach rechts unter dem letzten Haken durchzuführen ist (so wie es eingezeichnet ist). Allerdings geht es nicht horizontal raus an die Kante, wo sich auch (Stand-) Haken finden, die mich in meiner Wahl bestätigen, sondern über dem zweiten Haken gerade hoch und dann erst schräg rechts aufwärts. Jedenfalls sind wir kurzzeitig ab von der Route, was sich in der nächsten Seillänge aber gleich wieder begradigt.
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Sebastian am Ende des Quergangs
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An diesem kleinen Rissüberhang finden sich einige Bohrhaken. Es scheint somit eine eingebohrte Linie direkt an der Kante zu geben.
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Die vierte Seillänge führt in einer Linksschleife unter die Schlüsselseillänge (IV), die mit einer bereits polierten Rissschuppe aufwartet, ...
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In der Schlüsselseillänge kurz unter der Piazschuppe
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Blick über die Schlüsselstelle von oben
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... nach der das Gelände gleich wieder leichter wird und zu einem Stand bei dem gelben Turm leitet.
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Zweite Hälfte der fünften Seillänge
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In der sechsten Seillänge geht es in einem Kamin am gelben Turm ...
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Rückblick zum Stand vor dem gelben Turm
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Östliches Ende der Karwendelhauptkette
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... zum Stand in der Scharte zwischen Turm und Wand.
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Rückblick zum Stand zwischen Turm und Wand
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An diesem beschließen wir, die folgende IIIer Länge noch angeseilt zu gehen, uns danach - sofern sich alle gut fühlen - auszubinden.
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Rauher Knöll
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Die siebte Länge bietet nochmal schöne Kletterei ...
... bevor wir am Stand vor der achten Seillänge die Seile aufnehmen. In wunderbarem Krxlgelände ...
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Blick ins Stallental
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Blick in die Gramai
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Endlich ist er von der Leine!
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... geht es vor einem letzten Turm zur Kante.
In der zehnten Seillänge geht es anregend an einer Rissspur ...

... auf den letzten ...
... Turm ...
... vor dem Vorgipfel.
Am Grat geht es rüber ...
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Rückblick zum letzten Gratturm
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Gamsjoch und Vorkarwendel
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Mitterkarspitze |
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Hauptgipfel Lamsenspitze
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Tuxer Alpen
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Hochnissl |
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Rauher Knöll
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Rückblick Vorgipfel
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... auf den letzten Metern über eine letzte Erhebung ...
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Blick in die Nordwand der Lamsenspitze
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... zum Hauptgipfel.
Bei tollen Ausblicken machen wir eine ausgiebige Vesperpause, ...
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Mitterkarspitze |
... nach der wir uns an den Anstieg über den markierten und seilversicherten Normalweg machen.
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Abstiegsgelände vom Gipfel
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Vor Erreichen des Kars ist ein Klettersteigabschnitt (B) zu bewältigen.

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Am Pfeiler rechts findet sich der Klettersteig des Normalwegs.
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Über einen weiteren seilversicherten und ausgesetzten Abschnitt erreicht man das Kar unter der Ostwand der Lamsenspitze. Hier kann man wie Joseph und Sebastian in einer Rinne direkt zur Lamsenhütte abfahren oder auf dem Steig an das nordöstliche Ecke des Kars mit dem Einstieg in die Kante wandern ...
... und auf dem bekannten Anstiegsweg runter zur Hütte spazieren.
Auf dem Steig treffe ich auf einen wenig scheuen Steinbock.
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Kante mit Steinbock
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Nach weiteren Getränken an der Hütte treten wir den Abstieg über den morgendlichen Aufstiegsweg über das Westliche Lamsenjoch runter in die Eng an.
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Kante vom Hüttenweg zum Westl. Lamsenjoch
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Der Nordostgrat der Lamsenspitze ist eine absolut lohnende Unternehmung, die die Begeher mit tollen Aus- und Tiefblicken, recht abwechselungsreichen und anregenden Kletterstellen sowie gut bis sehr gutem Fels belohnt. In den leichteren Längen, die aber trotzdem keine reinen Überbrückungsgehstrecken sind, liegt teils sehr viel Gestein auf dem Fels und natürlich gibt es in diesen Längen auch mal lockereres Gestein, weshalb ich die Route aber nicht als brüchig bezeichnen würde. Dort wo man mal hinfassen muss, ist der Fels jedenfalls fest. Bei mehreren Seilschaften in der Route ist umsichtiges Steigen und Vorsicht gefragt!
Auch der machbare Zustieg (2 h aus der Eng zum Einstieg) und die Hüttennähe sind weitere Pluspunkte für diesen Klassiker, der mit sehr stimmiger Routenführung und schöner abschließender Gratkrxlei überzeugt. So genossen wir heute einen wunderbaren Tag und können eine klare Empfehlung für die Unternehmung aussprechen.
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