14.06.21

Berchtesgadener Hochthron (1.972 m) "Alte Südwand" (10 SL, IV-)

Heute geht es kurzentschlossen mit Moritz zum landschaftlich reizvollen Untersberg, um die Alte Südwand am Berchtesgadener Hochthron zu begehen. Die Kombination der Ausrichtung und relativ geringen Höhe machen die Route zu einer guten Wahl bei den derzeitigen Verhältnissen, so unsere Hoffnung.

An der mächtigen Wand angekommen, fällt es zunächst schwer eine Führe in den unteren Schwierigkeitsgraden durch diese zu visualisieren. Genau dies schafften Barth und Niedermayer bereits 1907 mit ihrer klassische Route. Im traditionellen Sinn werden dabei die Schwachstellen der Wand ausgenutzt, um den einfachsten Weg nach oben zu finden. Dass dafür ein paar Quergänge nötig sind, liegt in der Natur der Sache und trübt das Erlebnis für uns nicht. Vielmehr verbringen wir heute einen  wunderbaren Tag in dieser Führe, an dem alles bestens läuft.

Bereits bei der Zufahrt zum Roßboden stoppe ich in Unterettenberg, diesem äußersten Zipfel Deutschlands, als der pralle Felsriegel des Untersbergs zum ersten Mal in den Blick kommt. Was für eine schöne Landschaft! Die Vorfreude auf den Tag steigt.

Am Parkplatz komme ich mit einem alten Bergwachtler ins Gespräch, der mir berichtet, dass es vor zwei Tagen einen tödlichen Unfall in der Alten Südwand gab. Ich spüre Betroffenheit. Ruhe in Frieden an den Kameraden, der vor wenigen Stunden am gleichen Platz mit der gleichen Vorfreude zur gleichen Unternehmung aufgebrochen ist und nicht mehr nach Hause zurückkehrte.

Der Zustieg vollzieht sich in angenehmer Steigung durch schattigen Wald bis man auf die Almfläche des Scheibenkasers hinaustritt.

Hier erhaschen wir die ersten Blicke auf unsere Wand.

Links über den Latschen ist der Barthkamin zu erkennen. Zwischen diesem und dem mächtigen gelben Dach rechts führt die Alte Südwand nach oben.

Schöne Blicke zur benachbarten Prominenz werden hier ebenfalls frei.

Hoher Göll links, Watzmanngruppe rechts

Es liegt noch ein großes Schneefeld am Einstieg zum Klettersteig, ...

... in dessen Richtung wir an der Almhütte vorbei zunächst weiterwandern.

Hinter der Hütte gibt es eine Quelle und bald zweigt der Zustieg zur Südwand links ab.

Es gilt den Fuß des schroffigen Vorbaus zu erreichen und ...



... in einer Linksschleife zu ersteigen. Der Einstieg findet sich auf Höhe des gewaltigen gelben Dachs an der Abbruchkante des Vorbaus.

Die erste Seillänge kann in zwei Längen geteilt werden (Stand nach 15 m am Fuß der Verschneidung), allerdings hänge ich nach den leichten ersten Metern in schroffigem Gelände die erste SL mit der Verschneidung und dem abgespeckten Wuzzelriss (Nudelwalker habe ich auch als Bezeichnung für die Stelle gefunden) an. Letzterer ist stark poliert und eine sehr spezielle Kletterstelle - abdrängend und von uns beiden mit wenig an Klettern erinnernder Wuchterei bewältigt. Ich musste im Vorstieg jedenfalls länger rumprobieren bis ich drüber war. Für uns war dies die schwierigste Stelle der Route und wir wundern uns ein bisschen über die Schwierigkeitsbewertung, insbesondere im Verhältnis zu späteren Stellen, die uns wesentlich leichter fallen - z.B. die nominelle Schlüsselstelle in der 3. SL. Die Stelle ist gut poliert, aber es finden sich sehr gute Griffe und Tritte.

Nach dieser SL folgt ein erster Quergang auf einem Band, das auch zum Einstieg in den Barthkamin leitet.

Scheibenkaser und Abzweig des Zustiegsteigs vom Pfad zum Klettersteig kann man unten gut erkennen.
 
Vor diesem geht es in einer kurzen SL eine wasserzerfressene Rinne aufwärts zum Wandbuch, laut dem wir die dritte Begehung in diesem Jahr machen.

In der nächsten SL geht es auf einem kleinen Sims ausgesetzt hinaus in die Wand bevor rechts aufwärts über schön rauhe Platten aufwärts gestiegen wird. Eine sehr schöne SL, die leider zu schnell endet.


Rückblick über die kurze Plattenlänge

Stand neben Loch nach der 6. SL

In den nächsten beiden SL, die wir zusammen hängen, wird in einfachem Gelände wieder nach rechts gequert.

In der 9. SL steht man dann am Fuß des Ausstiegskamins, der sich zunächst plattig kompakt und weit zeigt.


Stand nach der 9. SL

In der Ausstiegslänge steilt der Kamin auf, verengt sich nach oben stark und bietet interessante, klassische Kaminkletterei.

Ausstiegskamin 
Nach dem Ausstiegskamin gelangt man leicht rechtshaltend über schrofiges Gehgelände (Vorsicht: Hier ereignete sich wohl der tödliche Unfall!) in ca. 100 m direkt zum Gipfelkreuz des Berechtesgadener Hochthrons. Ich habe nach dem Kamin keine angebrachten Sicherungen mehr gesehen.

Am Gipfel genießen wir bei einer ausgiebigen Rast die überragenden Ausblicke.








Im Abstieg schauen wir kurz ins Mittagsloch, durch das ein Abstieg bereits möglich wäre. Der Einstieg ist vom noch reichlich vorhandenen Schnee im Einstiegsbereich allerdings sehr verbatzt und feucht, was auf uns nicht einladend wirkt. So entscheiden wir uns für den Normalweg zurück zum Scheibenkaser, während dem wir in den aufgeheizten Latschen Hans auf einer seiner Kondirunden treffen - großen Respekt für dieses Kontrastprogram zu unserer relaxten Unternehmung!


Watzmann und Hochkalter stechen im Abstieg immer wieder ins Auge

Zoom ins Wimbachgrieß

Der Abstieg zieht sich etwas, ...




B. Hochthron Südwand

... bis wir an der Quelle am Scheibenkaser unsere Trinkvorräte auffrischen können.

Bis zur Wandmitte verläuft die Alte Südwand grob an der Kante, später links davon.

Danach ist der schattenspendende Wald bald erreicht und somit auch das Ende unserer optimal verlaufenen Tour an einem perfekten Tagerl.

Strecke: 13,3 km mit 1.300 hm (GPS-Messung)
Gehzeit ohne Gipfelpause: 7 h

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