21.05.17

Überschreitung von Dürr- und Hochmiesing

Dürrmiesing Ostgrat (links)
Der Miesingstock entsendet nach Osten einen recht anschaulichen, langen Kamm. Der Verlauf ist geprägt vom schroffen, felsigen Aufschwung der Miesingmauer in der Scharte zwischen Steilenberg und Dürrmiesing, über die der Ostgrat des Letzteren zunächst gewonnen werden muß, und dichtem Latschenbewuchs oberhalb der Mauer. Vor drei Wochen fiel mir dieser markante Kamm beim Schneewühlen am Hochmiesing auf. Der üppige Neuschnee und fehlende Infos brachten mich allerdings schnell davon ab eine Begehung zu versuchen. Der Plan für die Erkundung des Dürrmiesing Ostgrat stand aber somit und konnte heute in die Tat umgesetzt werden. Zusätzlich drehte ich dann noch eine kleine Schleife am Hochmiesing, die mich von der Südseite über die Kletterroute “Schmankerlweiße” zum Abstieg durch die Nordrinne führte.

Los geht es am Wanderparkplatz in Geitau und von dort monoton auf der asphaltierten Piste über den Segelflugplatz.

Links der waldige Buckel des Steilenberg, rechts daneben die Miesingmauer (etwas links der Bildmitte), die in den Ostgrat des Dürrmiesing überleitet.
Bei Erreichen des Walds wird mir schnell klar, dass ich den gesamten Ostkamm des Miesingstocks (heute) nicht begehen können werde. Der Ostgrat des Steilenberg bricht schroff zum Steilenbach ab und wartet mit sehr steilem, heute noch feuchtem Gras und einigen abschreckenden Felsriegeln auf. 

Östliches Ende des langen Miesingostkamm
Sinnvoller erscheint mir, den Gipfel des Steilenberg direkt von Norden zu ersteigen. Dazu laße ich den abzweigenden Weg Richtung Taubensteinhaus und Kleintiefenthalalm rechts liegen. Stattdessen biege ich bei der nächsten Möglichkeit wenige hundert Meter oberhalb auf einen Wirtschaftsweg Richtung Westen (rechts). Dieser verläuft zunächst parallel oberhalb des zuvor erwähnten Forstwegs und führt bald auf eine große Rohdungsfläche, bis an deren oberes Ende er in weiten Serpentinen hinaufführt.

Über den Wirtschaftsweg erreicht man leicht das obere Ende dieser Rohdungsfläche.
Hier verlieren sich die Pfadspuren und eine seichte, aber steile Rinne rechterhand fällt ins Auge, die sogar mit einem pinken Pfeil an einem Baum beworben wird.

Diese Markierung weist auf die Aufstiegsrinne zum Steilenberg hin.

Die seichte Rinne zum Steilenberg
 Diese Steilgrasrinne öffnet sich nach oben zu einer weiten Wiese unterhalb des Steilenberggipfel.

Oben, kurz vor dem Kamm weitet sich die Rinne.
Die Steigung ist durchgehend sehr knackig und ich mußte öfters ins Gras greifen, um Halt zu bewahren.

Hier erkennt man die Steilheit des Geländes.
Dank der direkten Wegführung hat man die ca. 300 hm zum Gipfel des Steilenberg aber recht schnell überwunden (T4- mit ganz kurzen Stellen 1 im Gipfelbereich).

Kurz vor dem Gipfel des Steilenberg

Blick zum Ostkamm des Aiplspitz


Blick zurück über den Segelflugplatz nach Geitau

Dürrmiesing Ostgrat vom Gipfel des Steilenberg

Blick ins Dürrmiesingkar, hinten Aiplspitz
Vom latschenbewachsenen Gipfel des Steilenberg geht es unspektakulär in wenigen Minuten über eine große Wiese hinunter in den Sattel zwischen Steilenberg und Dürrmiesing.

Über die Wiese geht es runter zum Steilenbergsattel
Von oben hatte ich schon eine Latschengasse ausgemacht, an die ich mich nun hielt. Wenn man den folgenden Aufschwung ("Miesingmauer") hoch zum eigentlichen Ostgrat nicht umgehen möchte, sollte man sich möglichst nördlich halten.


Zwischen zwei großen Felsblöcken hindurch (kurz 2-) ...


Rückblick zum Steilenberg
Blick runter ins Miesingkar


... steht man dann am nördlichen Rand der Mauer. Die ca. 50 m hohe Mauer bot vom Steilenberg betrachtet einige Schwachstellen, an den ein Durchstieg möglich zu sein schien. Tatsächlich ist das Gelände aus der Nähe betrachtet aber steiler als angenommen und vor allem sehr, sehr brüchig.


Am nördlichen Ende fiel mir eine Durchstiegmöglichkeit auf und tatsächlich hängt in ca. 10 m Höhe vom Wandfuß ein Fixseil (Reepschnur oder vielleicht auch ein dünnes Drahtseil), das von Begehungen auf genau dieser Route zeugt. Die Wand ist hier sehr steil und das Seil zu erreichen nicht trivial. Des Weiteren sah die Verankerung mit einem alten Schlaghaken wenig vertrauenserweckend aus und das Gelände ab dem Ende des Seils ist von unten schlecht oder gar nicht einzusehen. 

Das Fixseil ist am linken Bildrand genau in der Bildmitte zu erkennen und führt nach rechts oben zum tiefsten Punkt der Wand im Übergang zum Horizont. Auf dem Bild sieht man nicht den gesamten Aufstiegsbereich bis zum Beginn des Seils. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass ich das Seil nicht in der Hand hatte und deshalb keinerlei Aussage zu dessen Zustand treffen kann.
Daher entschied ich mich für eine einige Meter daneben liegende Rinne, die nach links oben in den zentralen Teil der Wand zu leiten schien. Die Schwierigkeit ist hier wohl etwas niedriger (Stellen 3-), jedoch endet die Rinne bald an einem Abbruch zu einer die Mauer durchziehenden kleinen Schluchten. 

Ich entschied mich für eine etwas weiter links gelegene Rinne, die in die Scharte zwischen dem ersten Köpferl und der Wand zieht. Dahinter bricht sie senkrecht ab und ich querte im oberen rechten Bereich zurück. 
Deshalb querte ich leicht ansteigend in sehr ausgesetztem und brüchigem Gelände zurück nach rechts (Norden) in den Bereich oberhalb der Reepschnur (T6- und 2). Diese Querung war mental sehr fordernd. 

Bereits nach der Querung sieht man hier den Bereich oberhalb des Fixseil
Ab hier geht es in weniger steilen und ausgesetzen, aber immer noch heikel brüchigen Schrofen linkshaltend nach oben ... 




 ... auf den zu einem Kamm zulaufenden höchsten Punkt oberhalb der Mauer (Steinmann). Die Mauer war somit bezwungen und der Ostgrat gewonnen.



Ostgrat Dürrmiesing

Rückblick zum Steilenberg
In der Folge hält man sich immer direkt am Grat oder knapp auf der Nordseite (exponiert), da man hier sehr wenig Latschenkontakt hat. 


Weiter oben wartet ein weiterer kleiner Aufschwung (wenige Meter 2-), ...

Der zweite, wesentlich kürzere Aufschwung wird von der Nordseite (rechts) überstiegen

Rinne auf den zweiten Aufschwung


Ruchenköpfe und Rotwand

Soinsee und Ruchenköpfe

Blick runter zur Schellenbergalm

Hochmiesing und Dürrmiesing

Hier erkennt man schön, dass die Nordflanke eine Alternative zum Latschenkampf bietet.
... nach dem vom Wanderweg zur Großtiefenthalalm bald der “Blaupunktsteig” zum Grat hochkommt. Ab hier ist eine komfortable Gasse durch die Latschen bis zum Gipfel des Dürrmiesing ausgeschnitten (T3).




Gipfelsteinmann des Dürrmiesing
Für den Übergang vom Dürr- zum Hochmiesing gilt ebenfalls wieder, dass man sich am besten direkt am Grat oder sogar leicht in der Nordflanke hält. 

Der Gratübergang zum Hochmiesing
Die Plattenwand auf der Südseite des Hochmiesing



Blick runter in die Nordflanke

Es gibt wenige kurze Stellen abzukraxeln (1), ansonsten verläuft der Übergang ohne technische Schwierigkeiten (T3+).


Nordrinne Hochmiesing

Rückblick zum Dürrmiesing

Boulderblock am Grat

GK Hochmiesing

Vom Hochmiesing stieg ich über eine breite Schrofenrinne zunächst in südöstlicher, später südlicher Richtung direkt am östlichen Rand der großen Plattenflucht bis an deren Fuß hinab. 



Nun querte ich bis zum kompakten zentralen Teil der Wand, wo die Schmankerlweiße beginnt (T4-). 

Einstieg Schmankerlweiße
Die Route bietet auf 4-5 Seillängen tolle Plattenkraxelei im 3. Schwierigkeitsgrad mit einer Stelle 3+ in der ersten Seillänge (weiter Spreizschritt). 

Die erste Seillänge führt entlang der Abbruchkante des Plattenschilds.

Entlang dieser Riße quert man zur hinten erkennbaren Rippe.

Rippe




Die Stände sind gebohrt (1 Ringhaken) und zum Abseilen eingerichtet, in der ersten Seillänge gibt es zwei Zwischenhaken, ansonsten ist die Route selbst abzusichern. 


Ab hier klettert man entlang der Kante, die aus der linken unteren Bildecke Richtung Bildmitte zieht (Kante der hellen Platte unten links und deren Verlängerung in der linken Bildhälfte).
Die Platten bieten tolle, rauhe Strukturen ... 






... und es gibt immer wieder schöne Riße und Wasserrillen, die die Kraxelei durchgängig interessant und lohnend gestalten. 





Der einzige Haken ist, dass man - wenn man nicht abklettern oder abseilen möchte - vom Ende der Route ca. 100 m durch dichte Latschen zum Gipfel des Hochmiesing wühlen muß.


Blockiges Gelände oben raus

Ausstieg in die Latschen
Vom Gipfel des Hochmiesing wollte ich dann eigentlich am Grat zurück über den Dürrmiesing und Blaupunktsteig absteigen.



In der Scharte zwischen Hoch- und Dürrmiesing lachte mich dann allerdings das Altschneefeld in der Nordrinne an, außerdem sah ich weit unten am Ende des Schuttfelds den Wanderweg. Die Aussicht auf einen knieschonenden Schnellabstieg war einfach zu verlockend. Aus der Scharte geht es zunächst in brüchigem, kleinsplittrigem Gelände (T5, Stellen 1) nervig runter ... 

Scharte zwischen Dürr- und Hochmiesing

Nordrinne

Abstiegsgelände

Oberes Ende Nordrinne


Aus der Scharte in der rechten Bildhälfte kommt man runter
... bis zum oberen Ende des Schneefelds. Ab hier ging der Plan dann voll auf. Die Knie wurden so zwar geschont, ...





... dafür legte es mich im Geröll, das leider unterhalb des Schneefelds nicht überall abfahrtstauglich ist, einmal etwas heftiger auf die Seite, so dass ich mir einen dicken Pferdekuss holte. 



Über den Forstweg geht es dann zum Flugplatz, ... 


Steilenberg links, Miesingmauer rechts
 ... wo sich die Runde schließt.


Der Ostgrat des Dürrmiesing bietet die Möglichkeit zu einer einsamen Wanderung in einem sonst überlaufenen Gebiet. Den in anderen Berichten beschriebenen Latschenkampf fand ich hier nicht. Hält man sich direkt am Grat oder in der teils allerdings exponierten Nordflanke, ist die Wanderung durchaus genießbar. Der Aufschwung der Miesingmauer hoch zum Ostgrat kann südlich umgangen werden, bietet bei einer direkten Begehung allerdings sehr heikles und ausgesetztes Geläuf. Wer hier einsteigen möchte, sollte sich der Schwierigkeit und vor allem der Brüchigkeit bewußt sein!

Die Schmankerlweiße hingegen wartet mit kompakten, toll strukturierten Platten auf, die zu einer Extrarunde am Hochmiesing einladen. Allerdings bewegt man sich auch hier im ernsten alpinen Gelände! Selbst wenn man sichern möchte, sind die Hakenabstände sehr weit, bzw. Zwischensicherungen nicht vorhanden. 

Alles in allem war es für mich eine lohnende, einsame Runde auf zwei aussichtsreiche Berge, die mit dem Steilgrasanstieg, schöner Kraxelei und der Wanderung am Grat einige Variation bietet.

Strecke: 18,1 km mit 1.360 hm
Zeit: 5,75 h

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.